Die SPD in Alfter wird dem Haushalt 2023 in der Ratssitzung am 30.03.2023 nicht zustimmen. Wir sehen derzeit im Rat und in der Landespolitik nicht die Rahmenbedingungen, die uns vor Rekordsteuern bewahren.
Unsere Gründe für die Ablehnung in Kürze:
- Ausreichende und ernstgemeinte Konsolidierungsbemühungen sind nicht erkennbar
- Teure Fehlentscheidungen aus der Vergangenheit schlagen zu Buche und hängen uns wie ein Mühlstein um den Hals
- Beim Projektmanagement des Bürgermeisters fehlt uns die notwendige Ernsthaftigkeit zum Einsparen
- Die schwarz-grüne Landesregierung muss die Gemeindefinanzierung besser ausstatten.
„Die Berufsgruppen, für die vor 2 Jahren noch am offenen Fenster geklatscht wurde und die unser Land am Laufen halten, leiden aktuell am stärksten unter hoher Inflation. Flächendeckende Streiks sind die Folge und zeigen uns den Druck auf, der auf dem Kessel ist. Wir müssen auch in der Alfterer Kommunalpolitik mehr Anstrengungen unternehmen, um diese Menschen nicht auszuquetschen. Dazu rufen wir mit der Ablehnung des Haushalts auf!“ – Christian Lanzrath, Fraktionsvorsitzender
Aktuelle Situation und Rückblick
In Alfter droht nahezu eine Verdopplung[1] der Grundsteuer im Jahr 2024 und weitere Steigerungen in den Folgejahren – Bundesweiter Rekord! Auch jüngste Modellrechnungen oder alternative Ausgestaltungsvorschläge der Kämmerei lassen hier keine wesentlichen Änderungen erkennen, die Stellschrauben sind überschaubar.
Grund für diese drohenden Steuererhöhungen sind insbesondere Prognosen zu Schlüsselzuweisungen des Landes.[2] Die schwarz-grüne Landesregierung sorgt hier weiterhin nicht für eine auskömmliche Gemeindefinanzierung, im Gegenteil, Gelder werden sogar gekürzt.
Eine Verdopplung der Grundsteuer in der aktuellen Lage ist sozialer Sprengstoff und ein Standortnachteil für unsere Gemeinde.
„Das Problem an steigenden Grundsteuern ist: Es gibt keine soziale Steuerungsfunktion, denn Grundsteuer fällt objektbezogen an und wird auch an Mieterinnen und Mieter durchgereicht.“ – Christian Lanzrath, Fraktionsvorsitzender
Die Gemeinde muss also versuchen, wo es nur geht, bei den eigenen Ausgaben zu sparen. Das wird absehbar die Mindereinnahmen nicht vollumfänglich kompensieren können, ist aber ein erster Schritt.
Projektmanagement des Bürgermeisters muss Fahrt aufnehmen
Spätestens seit September 2022 ist die finanziell angespannte Situation der Gemeinde durch Prognosen absehbar, Bemühungen des Bürgermeisters, hier zu reagieren, haben mehrere Monate auf sich warten lassen, Nachfragen wurden vom Tisch gewischt – erst die Kommunalaufsicht konnte den Bürgermeister zu längst von der SPD geforderten Schritten bewegen. Siehe hierzu unser Bericht. Hinzukommt eine völlig aus dem Ruder gelaufene Projektstudie für den Erweiterungsbau für ein Gymnasium. Auch hier ist wertvolle Zeit für konstruktive Beratungen verstrichen, was die SPD bereits im Dezember 2022 kritisiert hat[3].
„Wir fürchten um die Wettbewerbsfähigkeit von Alfter – Wer sucht denn in Alfter eine Wohnung oder erwägt Kauf oder Neubau einer Immobilie, bei hohen Zinsen und obendrauf Rekordsteuern im Bundesvergleich? Wir haben wertvolle Zeit zur Lösungsfindung verloren.“ – Christian Lanzrath, Fraktionsvorsitzender
SPD wird dem Haushalt 2023 nicht zustimmen, da eine ernstgemeinte, langfristige Konsolidierung noch nicht erkennbar ist.
Die Lage ist ernst. Konsolidierungsanstrengungen sind noch nicht bei allen Fraktionen im Alfterer Rat zu erkennen, im Gegenteil. Einige Ratsmitglieder scheinen zu hoffen, dass in Richtung Zukunft noch ein Wunder geschieht, andere haben sogar noch weitere teure Wünsche.
Alleine der Haupt- und Finanzausschuss vom 21.03.2023 hat gezeigt: Die Grünen möchten für knapp sechsstellige Beträge p.a. eine Buslinie erweitern, Grüne und CDU ringen um fünfstellige Gelder für Parkkonzepte oder andere Maßnahmen zum Abstellen von PKW, die weitere hohe Folgekosten in der Umsetzung haben – und kaum ein Mensch hat etwas davon.
„Man gewinnt den Eindruck: Einige blättern noch genüsslich in der Speisekarte, um sich ein delikates Menü für den Abend auszusuchen – aber die Küche des Restaurants ist schon vor Wochen abgebrannt“ – Hans G. Angrick, stv. Fraktionsvorsitzender
Auch bei der Planung des Gymnasiums ist bisher kein substantielles Einsparpotential geborgen. Nach Ansicht der SPD zählt jeder Quadratmeter, insbesondere Teile der CDU halten es hier jedoch noch recht laissez fair.
Ist ein „Ja“ zum Haushalt 2023 und lediglich ein „Nein“ zu den erwartbaren Steuererhöhungen eine Alternative?
Die Fraktionen der CDU, der Grünen, der Freien Wähler und der UWG Alfter haben im Haupt und Finanzausschuss nun eine ganz eigene Lesart für die Situation entwickelt. Sie möchten dem Haushalt 2023 zustimmen, ohne damit eine Aussage für kommende Jahre oder Hebesätze zu treffen. Das kann man nach den Buchstaben des Gesetzes so sehen, auch wenn bereits im Haushalt 2023 in der sogenannten Finanzplanung deutlich wird, wohin die Reise gehen wird.
Eine langfristige Strategie und Handlungslinie ist das in Augen der SPD jedoch nicht.
„Wir müssen uns hier erhlich machen“ – Christian Lanzrath, Fraktionsvorsitzender
Dieses „Wasch mich, aber mach mich nicht nass.“ können wir angesichts der Risiken nicht mittragen.
Sparen können sich einige scheinbar nur bei Menschen mit niedrigem Einkommen vorstellen:
Besonders erschreckend aber ist: Die große Keule, wird beim Sozialen und der Bildung herausgeholt. Sage und schreibe 8.000 EUR p.a. würden ausreichen, um Familien mit Jahreseinkommen zwischen 25.000 und 37.000 EUR vor einem Ansteigen der OGS Gebühren zu bewahren. Nun werden diese Familien mit zusätzlichen 17% Beiträgen zur Kasse gebeten.
Die anderen Fraktionen im Rat sind nicht einmal bereit, hier auch nur 4.000 EUR p.a. für eine Halbierung des Anstiegs aufzuwenden. Auch für ein Leuchtturmprojekt der Bildung in Alfter, die Bücherei, ist eine auskömmliche Finanzierung nicht Wille der Mehrheitsfraktionen.
Offensichtlich wird hier versucht, teure Fehlentscheidungen der letzten Jahre oder „Last-Minute-Wünsche“, bevor der Ofen finanziell endgültig aus ist, zu Lasten der Menschen mit geringen Einkommen zu kompensieren, das werden wir nicht durchgehen lassen und tragen das ausdrücklich nicht mit.
Situation für Familien besonders herausfordernd
Für Familien kommt es in der Folge richtig dicke. Die OGS-Gebühren steigen erheblich. Das grundsätzliche Anliegen, hier kostendeckender zu arbeiten, tragen wir als SPD mit. Aber die Menschen mit geringeren Einkommen können wir nicht weiter schröpfen, da grade sie einen erheblichen Anteil ihres Monatseinkommens für alltägliche Grundausgaben benötigen. Zu den Details, siehe unser Bericht.
Damit verabschiedet sich der Rat der Gemeinde Alfter von dem Ziel der Chancengleichheit, wir müssen befürchten, dass Eltern aus dieser Einkommensstufe die Kinder abmelden.
Übrigens: Im Kreis brüsten CDU und Grüne sich damit, die Einkommen bis 36.500 EUR von KiTa-Beiträgen zu befreien, nachdem sie entsprechende Vorschläge der SPD im Kreis auf schwarz-grünes Papier geschrieben haben, aber dies scheint kein Grund für CDU und Grüne in Alfter zu sein, bei dieser Personengruppe nicht direkt wieder zuzulangen.
Auch die KiTa Gebühren steigen, für mittlere Einkommen zwar moderat, aber hinzu kommt für Familien dann noch die Grundsteuersteigerung.
Wir werden als SPD auch nicht die Kohlen für schwarz-grün in NRW aus dem Feuer holen:
Gemeindefinanzierungsgesetz und Isolierungen
Durch das aktuelle Gemeindefinanzierungsgesetz fehlen der Gemeinde p.a. 1,8 Mio EUR, es gibt aber noch andere Folterinstrumente aus Düsseldorf und die heißen „Bilanzielle Isolierungen“. Man hat nicht die Büchse der Pandora geöffnet, man hat gleich eine ganz neue Büchse erfunden und die sogenannten „Corona-Isolierungen“ eingeführt.
Konsumtive Ausgaben oder auch Mindererträge können aus der Bilanz herausgerechnet und über 50 Jahre abgeschrieben werden. Alles zu Lasten der künftigen Haushalte und künftiger Generation.
Nach Ansicht der SPD handelt es sich hierbei um staatlich verordnete Insolvenzverschleppung. Und für die finanziellen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg wird dieses Instrument gleich wieder angewendet. Von Generationengerechtigkeit kann hier erst recht keine Rede sein, wenn Kinder, die vor zwei oder drei Jahren unter Distanzunterricht gelitten haben, bis ins Rentenalter diese Schulden abstottern sollen, für die uns das Land NRW nicht auskömmlich ausstattet.
Fazit und Ausblick
Unter diesen politischen Rahmenbedingungen im Land und im Rat der Gemeinde Alfter können wir nicht mit einem „weiter so“ zustimmen.
Die SPD wird selbstverständlich gemeinsam mit den anderen Fraktionen nach Lösungen suchen, beispielsweise in der Steuerungsgruppe, die auf Antrag der SPD Alfter für die Suche nach Konsolidierungsmaßnahmen eingerichtet wurde.
Auch die Einnahmeseite nehmen wir in den Blick, beispielsweise durch die Gründung eigener Energiewerke, die bspw. Photovoltaikanlagen oder Bürgerwindenergieanlagen errichten und betreiben kann, durch konsequentere Vermarktung von Baugrundstücken im Buschkauler Feld und Gewerbegrundstücken im Gewerbegebiet Alfter Nord oder durch die Einführung einer Grundsteuer C für unbebaute Wohngrundstücke.
Verweise:
[1] https://www.alfter.de/fileadmin/redaktion/downloads/Bekanntmachungen/Haushalt-Finanzen/2_Vorbericht.pdf S. 30 / 969
[2] Wie oben, S. 28 / 969
[3] https://www.spd-alfter.de/2022/12/09/ist-ein-gymnasium-fuer-alfter-finanzierbar/ Bericht vom 09.12.2022