von Hans G. Angrick, Vorsitzender und Bürgermeisterkandidat der SPD Alfter.
Seit einiger Zeit schon pendelt die Einwohnerzahl der Gemeinde Alfter um die 25.000 herum.
Wofür ist das wichtig?
Ab dieser Einwohnerzahl, wenn sie denn über 5 Stichtage (je 30.6. und 31.12., also ca. 21/2 Jahre) hintereinander überschritten wäre, würde die Gemeinde Alfter „von Amts wegen“ zur „Mittleren kreisangehörigen Stadt“ werden.
Interessengruppen einzelner Ortsteile innerhalb der Gemeinde säen schon seit einiger Zeit Ängste und möchten, dass Alfter über Eingriffe in der Bauleitplanung verhindert, dass die Einwohnerzahl Alfters über die entscheidende Zahl von 25.000 wächst. Alfter müsse dann eine Berufsfeuerwehr, ein Jugendamt, ein Straßenverkehrsamt haben, Feuerwehrhäuser könnten zu klein sein und, und, und. Dieses Bangemachen ist nicht sinnvoll!
Wir wollen hier mal aufzeigen, was wirklich Sache ist:
Inhalt:
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- Gemeindearten in NRW
- Aufgaben der verschiedenen Gemeindearten
- Warum sollte Alfter (nicht) Stadt werden?
- Fazit: Entwicklung gestalten und nicht verhindern!
1. Gemeindearten in NRW
Insgesamt unterscheidet die Gemeindeordnung in NRW 4 Arten von Gemeinden:
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- Sonstige kreisangehörige Gemeinden
- Mittlere kreisangehörige Städte
- Große kreisangehörige Städte
- Kreisfreie Städte
Alfter spielt bisher in der „kleinsten Liga“ der NRW-Kommunen, den „sonstigen kreisangehörigen Gemeinden“.
2. Aufgaben der verschiedenen Gemeindearten
Was würde sich denn für Alfter als Stadt ändern? Den Unterschied macht die Aufgabenzuständigkeit:
Es gibt zum einen Aufgaben, die alle Kommunen gleichermaßen erfüllen müssen
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- Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben, die sich aus verschiedenen Gesetzen ergeben:
- die Bauleitplanung (gemäß BauGB),
- die Trägerschaft von Schulen mit den damit verbundenen Pflichten (SchulG NRW),
- die Straßenbaulast für Gemeindestraßen (StrWG NRW)
- die Erschließung von Bauland (BauGB) etc.
- Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben, die sich aus verschiedenen Gesetzen ergeben:
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- Freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wie z.B.
- die Errichtung von Sportplätzen, Schwimmbädern, Theatern, Bibliotheken, Stadthallen etc.
- die Wirtschaftsförderung,
- Erholungseinrichtungen
- Freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben wie z.B.
Nach § 4 der NRW-Gemeindeordnung gibt es außerdem zusätzliche Aufgaben, die nicht von „sonstigen Gemeinden“, sondern von kreisangehörigen Städten oder eben vom Kreis wahrzunehmen sind. Dies ist in unterschiedlichen Gesetzen oder Rechtsverordnungen geregelt, ein Beispiel hierfür ist die Frage der Bauaufsicht:
Keine Baugenehmigung im Landschaftsschutzgebiet!
Nach NRW-Bauordnung (§57 (1)) sind die großen und die mittleren kreisangehörigen Städte untere Bauaufsichtsbehörden. Sie sind damit u.a. zuständig für die Erteilung von Baugenehmigungen. Wäre Alfter Stadt, und damit untere Bauaufsichtsbehörde, wäre es kaum vorstellbar, dass z.B. die umstrittene Erweiterung einer Mineralienfirma im Landschaftsschutzgebiet zwischen Witterschlick und Volmershoven genehmigt würde.
Derzeit wird eine solche Entscheidung in Siegburg beim Rhein-Sieg-Kreis getroffen. Alfter kann (und wird, wie vom Rat beschlossen) lediglich sein Einvernehmen verweigern und letztlich gegen eine vom Kreis erteilte Genehmigung klagen.
Ebenso könnten Aufgaben der Verkehrslenkung in die eigene Zuständigkeit übernommen werden oder ein eigenes Jugendamt eingerichtet werden, um gezielt Jugendliche in Alfter zu schützen und fördern zu können.
Sie kann die Trägerschaft für Volkshochschulen und Rettungswachen übernehmen sowie eine hauptamtliche Feuerwache unterhalten. Über interkommunale Verträge können solche Aufgaben aber auch mit weiteren Kommunen geteilt werden.
3.Warum sollte Alfter (nicht) Stadt werden?
Manche ängstlichen Wählergruppen argumentieren damit, einerseits den dörflich geprägten Charakter Alfters erhalten zu wollen. Andererseits scheuen sie die künstlich teuer gerechneten Ausgaben für potenziell hinzukommende Aufgaben. Gestaltung der Zukunft kann so nicht gelingen, vielmehr wird Stillstand konserviert und der Gemeinde durch Zuzugsverbote die Zukunft geraubt.
Dort wo dörfliche Strukturen bestehen und die Dorfbevölkerung dies erhalten möchte, sollen sie erhalten bleiben. Dies ist aber keineswegs prägend für ganz Alfter. Dort, wo neuer Wohnraum, wo Arbeitsplätze in klimagerechter Bauweise entstehen können, wollen wir Sozialdemokraten die Zukunft Alfters gestalten, anstatt unseren Ort in ein Freilichtmuseum zu verwandeln. Ob als Gemeinde oder als Stadt ist dabei zweitrangig.
4. Unser Fazit: Entwicklung gestalten und nicht verhindern!
Wir müssen die Entwicklung der Gemeinde Alfter zur Stadt nicht forcieren. Durch eine Gesetzesänderung in der Gemeindeordnung vom Januar 2019 wird selbst nach Bau und Bezug der geplanten Baugebiete noch einige Zeit ins Land gehen, bevor die Grenze von 25.000 Einwohnern an 5 Stichtagen (zuvor 3 Stichtage) überschritten wird.
Diese Zeit sollten wir nutzen, um den Gemeindehaushalt zu konsolidieren, notwendige ÖPNV-Anbindungen zu schaffen und Mitarbeiter der Gemeinde darauf vorzubereiten, neue Aufgaben zu übernehmen.
Ja, ein Wechsel Alfters von der Gemeinde zur Stadt wird Ressourcen binden und bedeutet einen Kostenaufwand. Langfristig entscheidender ist aber die Tatsache, dass der inhaltliche Gestaltungsspielraum unserer Kommune im Bereich Straßenverkehr, Bauaufsicht und Jugendförderung wächst und wir etwa eine weitere „Causa Wester-Werke“ nicht als Zuschauer ertragen müssten, sondern als aktiv handelnde Kommune unsere Landschaft und die Einwohner und Fußgänger in unseren Wohnvierteln wie im Geltorf oder auf dem Heidgen schützen können.