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BORNHEIM. Paradiesische Zustände im Bundestag: Hier sind im Gegensatz zum Unterricht in der Schule Zwischenrufe erlaubt. Nur „parlamentarisch" müssen sie sein, erfuhren die Bornheimer Europaschüler der zehnten Klasse von einer, die es wissen muss. Gestern war Ulrike Merten, Mitglied des SPD-Bundestagsfraktion, bei ihnen zu Gast.
Ein „parlamentarischer Zwischenruf" begleitet eine Rede sachbezogen und darf nicht beleidigend sein, erklärte Merten den Schülern. Diese wollten sich am „lebenden Objekt" der Rolle eines Parlamentariers nähern. Denn am Samstag, 23. Mai, werden sie im Alten Plenarsaal in Bonn bei der Schülerparlamentsdebatte selbst Parlamentarier darstellen. Das Ziel: Die Europaschüler wollen als Vertreter der Regierung ein Gesetz verabschieden, dass die Bundesrepublik durch eine Null bei der Netto-Neuverschuldung die Schuldenspirale durchbrechen soll. Ulrike Merten bot den Europaschülern, die den SPD-Teil des Kabinetts stellen werden, als Partei-Genossin ihre Hilfe an. Dabei musste sie sich von den Jugendlichen durchaus unbequeme Forderungen anhören. Denn in Zukunft ausgerechnet beim Wehretat zu sparen, war der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses natürlich nicht so ohne weiteres recht. „Das ist natürlich eine Forderung, für die Sie sehr schnell Zustimmung ernten werden", gestand sie den pazifistisch gesinnten Schülern zu. Zu bedenken sei aber, welche Folgen etwa ein Rückzug der deutschen Soldaten aus Afghanistan für die Sicherheit dort und langfristig auch in Deutschland haben kann, wenn etwa Drogenproduzenten umso leichter ihrem Geschäft nachgehen und dann ihre Ware in Europa verkaufen können. Dies löste bei den Schülern Nachdenklichkeit aus. Und weiter: Gerade angesichts der Finanzkrise sei Sparen schwierig, plädierte Merten für antizyklisches Verhalten der Bundesregierung, die in eine schwächelnde Wirtschaft investieren müsse.
Also suchten die Schüler nach neuen Einnahmemöglichkeiten wie eine allgemeine Autobahnmaut oder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Vielleicht könnte es auch eine Investition in die Forschung richten, wenn neue Erkenntnisse auch neue Absatzmärkte erschließen und so Arbeitsplätze schaffen.
Worauf auch immer die Schüler sich einigen werden: Merten riet ihnen zur engen Abstimmung mit den Fraktionen der großen Koalition. „Denn die Entscheidung, ob ein Gesetz eine Mehrheit findet, fällt vor der Parlamentsdebatte im Gespräch zwischen den Fachministern und den Fraktionen", plauderte Merten aus dem Polit-Nähkästchen.
„Am Ende ist die Entscheidung stets eine politische, weil es immer ein Für und Wider gibt", so Merten. Dennoch ermunterte sie die Schüler mit „Politik macht Spaß" und erzählte von ihrer eigenen Laufbahn. Dabei fand sie ein aufmerksames Publikum – ganz ohne Zwischenrufe.