Der Krach in der NRW-Koalition nach der Niederlage vor dem Verfassungsgericht zeigt: Bei CDU und FDP geht die Angst um, bei der nächsten Landtagswahl die Mehrheit zu verlieren. Das hat mit den schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft zu tun, Opel ist nur ein Beispiel, aber auch mit hausgemachten Problemen wie der Raser-Affäre des zurückgetretenen Verkehrsministers Oliver Wittke. Das hat aber auch damit zu tun, dass die CDU in Innenminister Ingo Wolf einen Sündenbock für manch schlechte Schlagzeile über die Politik der Landesregierung gefunden zu haben glaubt.
In Sachen Kommunalwahltermin ist es aber nur die halbe Wahrheit, wenn die CDU Wolf allein die Verantwortung für das Desaster zuschiebt. Richtig ist, dass Wolf und sein Ministerium das Verfahren in Münster nicht ernst genug genommen haben. Er hätte bei der Anhörung die Richter persönlich von seinen Argumenten überzeugen müssen. Doch die Entscheidung ist genauso ein Denkzettel für Ministerpräsident Jürgen Rüttgers.
Es war von Anfang an unsauber und leicht als parteitaktisches Manöver zu durchschauen, dass Rüttgers und seine CDU die Kommunalwahlen auf den 7. Juni, den Tag der Europawahl, legen wollten – und nicht auf den viel näher liegenden Termin der Bundestagswahl Ende September. Die SPD, die von einer höheren Wahlbeteiligung in der
Regel profitiert, sollte dadurch weniger Chancen auf kommunale Mehrheiten haben.
Jetzt die Wahlen auf den 30. August zu legen, ist zwar verfassungsrechtlich sicher nicht zu beanstanden. Gleichwohl ist der Termin politisch nicht in Ordnung. Den Bediensteten in Rathäusern und Kreisverwaltungen ist es nicht zuzumuten, ohne Not drei Wahlgänge innerhalb von dreieinhalb Monaten vorzubereiten. Die Parteien vor Ort müssten zudem quasi Dauerwahlkampf führen. Außerdem war es doch eigentlich das Ziel der Koalition, Wahlen zusammenzulegen, um Geld zu sparen. Ist das kein Argument mehr? CDU-Landtagsfraktionschef Helmut Stahl hat recht, wenn er sagt, dass Demokratie etwas kosten darf. Nicht einzusehen ist aber, dass die Steuerzahler 42 Millionen Euro für einen weiteren Wahlgang bezahlen sollen.
Sauber wäre es gewesen, in diesem Jahr Kommunal- und Bundestagswahlen gemeinsam stattfinden zu lassen und zugleich anzukündigen, dass die nächste Wahlperiode der kommunalen Räte drei Monate kürzer würde. Dann hätten ab 2014 Kommunal- und Europawahlen dauerhaft an einem Tag stattfinden können. Dass die Bundestagswahl die Kommunalwahl in diesem Fall überlagern würde, ist kein stichhaltiges Argument gegen eine gemeinsame Wahl. Die meisten Menschen wissen genau, mit welcher Stimme sie Bundestag, Kreistag, Stadtrat oder den Bürgermeister wählen. Es geht auch hier wieder nur um den parteipolitischen Vorteil.