Vielen reicht Gesamtschulangebot nicht aus

BONN. Es war nicht nur das Ergebnis, das SPD und Grüne gestern erfreute. Begeistert waren sie auch über die hohe Zahl der Bonner Eltern von Viertklässlern, die sich an der Umfrage der Stadt zum Wechsel ihrer Kinder an eine weiterführende Schule beteiligt hatten. Von 2 798 angeschriebenen Eltern hatten immerhin l 771 ihre Bögen zurückgeschickt. Und von ihnen hatten rund 55 Prozent angegeben, das Angebot an Gesamtschulplätzen in Bonn reiche nicht aus.
„Diese Beteiligung ist prozentual gesehen höher als bei der letzten Kommunalwahl", jubilierte Grünen-Fraktionssprecherin Dorothee Paß-Weingartz, „und das Ergebnis bestätigt unsere Auffassung, die wir bereits seit vielen Jahren predigen." Die Schulexpertin der Grünen ist überzeugt: „Jetzt führt kein Weg an einer vierten Gesamtschule mehr vorbei,"
Das steht auch für Gieslint Grenz fest. Die schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion sieht mit dem Ergebnis der Elternbefragung ebenfalls den Bedarf für eine weitere Gesamtschule in Bonn „unbedingt gegeben". „Das dokumentiert außerdem, dass auch in Bonn immer mehr Eltern eine frühe Selektion ihrer Kinder nicht mehr wollen, sondern auf längeres gemeinsames Lernen setzen", sagte sie.
Die CDU will dagegen weiterhin bei ihrem Nein zu einer vierten Gesamtschule in Bonn bleiben. „Die Fragestellung war so allgemein gehalten, dass wir aus den ebenso unverbindlich gehaltenen Antworten keine Notwendigkeit für eine vierte Gesamtschule herleiten können", erklärte CDU-Fraktionschef Benedikt Hauser auf GA-Anfrage.
Grenz und Paß-Weingartz sind trotzdem zuversichtlich: Mit den Stimmen ihrer Fraktionen und des Bürger Bund Bonn, der vorab seine Zustimmung signalisiert hatte, könne der Beschluss für die Errichtung einer weiteren Gesamtschule heute im Schulausschuss auf den Weg gebracht werden, hoffen sie. Das letzte Wort hat dann der Stadtrat. Sollte der Stadtrat den entsprechenden Errichtungsbeschluss fassen, so werde die Verwaltung nach Auskunft von Schuldezernentin Angelika Maria Wahrheit bereits für das kommende Schuljahr das Anmeldeverfahren in Gang bringen.
Zumal eine wesentliche Voraussetzung für dieses Verfahren bereits erfüllt sei: ein konkreter Standort für die neue Gesamtschule. Sie soll, wie berichtet, vorerst in den Räumen der heutigen Hauptschule am Römerkastell ihre Bleibe finden. Die Hauptschule würde dann sukzessive auslaufen. Ein Beschluss der Schulkonferenz zur Umwandlung in eine Gesamtschule liegt seit Beginn der Herbstferien auf dem Tisch.
Doch damit sind längst nicht alle Hürden für die Errichtung einer neuen Gesamtschule überwunden, sagte Wahrheit. A und O einer Genehmigung durch die Landesregierung sei die Leistungsmischung der Schüler. Das heißt, mindestens ein Drittel der Viertklässler, die angemeldet würden, müssen demnach eine Gymnasialempfehlung, wenigstens eine eingeschränkte Gymnasialempfehlung vorweisen.
„Alles Quatsch" halten die Grünen dagegen. Davon stehe nichts im Schulgesetz, so Fraktionsge-schäftsführerin Petra Merz. Sie zitiert aus einem Rechtsgutachten, das die SPD-Ratsfraktion in Leverkusen in Auftrag gegeben hatte. Darin bestreitet der Bonner Verwaltungsjurist
Christian-Dietrich Bracher die Notwendigkeit einer Leistungsmischung bei Neugründung von Gesamtschulen. Ebenso dürfe die Landesregierung nicht pauschal den Ganztagsbetrieb an neuen Gesamtschulen versagen. Wahrheit hingegen weiß: „Nach derzeitigem Stand bekämen wir nur eine Halbtags-Gesamtschule genehmigt".