Mit der Leica auf Fotosafari an der Almabrücke

Das Gelände der alten Ziegelei in Oedekoven mit seinem eigenen Bahnanschluss ist ein Stück Geschichte. Ebenso wie der kleine Bahnübergang am Schöntalweg und der frühere Lauf des Hardtbachs. Wer heute die Almabrücke passiert, die den Konrad-Adenauer-Damm und die Bundesstraße 56 auf direktem Weg mit dem Oedekovener Gewerbegebiet und der Umgehungsstraße K12n verbindet, lässt das alles weit unter sich.
Das mag auf beinahe jeden zutreffen. Doch nicht auf Rudolf Jochum. Der Pensionär und passionierte Fotograf aus Duisdorf hat die Entstehung des Bauwerks Schritt für Schritt mit seiner Kamera begleitet und schenkt seine Fotosammlung jetzt der Gemeinde Alfter. Bei der morgigen Sitzung des Hauptausschusses wird er sie an Bürgermeisterin Bärbel Steinkemper übergeben.
900 Bilder, überwiegend in Schwarz-Weiß, laden zu einer Zeitreise ein. Fast fünf Jahre zurück, als die Brücke zunächst einmal nur in den Planskizzen des Landesbetriebs Straßenbau stand und für die meisten Bonner und Alfterer Bürger ein ziemlich ehrgeiziges Projekt war.
Rudolf Jochum sah das damals anders: „Als ich von den Plänen für die Brücke gehört habe, dachte ich sofort, dass dies ein interessantes Objekt für eine neue Fotoserie sein könnte", erinnert sich der heute 81-Jährige, der auch schon die Geschichte der Bonner Straßenbahn und den Bau der Loggia am Stadthaus dokumentiert hat. Seit zwölf Jahren lebt Jochum, der bis zu seiner Pensionierung im Verteidigungsministerium tätig war, zusammen mit Ehefrau Maria in Duisdorf. Die drei erwachsenen Kinder sind aus dem Haus.
Langeweile ist für Rudolf Jochum kein Thema. Ganz im Gegenteil. Der gebürtige Saarländer genießt es, nach seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben endlich genug Zeit für die Leidenschaft zu haben, die ihn schon als zwölfjährigen Jungen gepackt hat. „1939 wurde bei uns ein Fotograf aus dem Saarland einquartiert. Von ihm habe ich damals eine Menge gelernt." Seine erste Kamera erbte Rudolf Jochum von seinem älteren Bruder. Erst 1953 konnte sich der junge Mann seine erste eigene Kamera kaufen, „eine Kodak Retina". Die Bilder der Almabrücke allerdings stammen aus einem ihrer „Nachfolger", einer Leica. Die trug Rudolf Jochum stets gut verpackt in einer Tasche bei sich, wenn er sich mit dem Fahrrad auf den Weg zur Baustelle machte, die anfangs nur aus ein paar unscheinbaren Gruben auf Oedekovener Seite bestand. „Manchmal bin ich alle drei, vier Tage dorthin gefahren", erzählt Jochum. „Manchmal lagen auch 14 Tage Pause dazwischen. Je nachdem, wie die Bauarbeiten vorangingen." 15 bis 30 Minuten dauerten seine Besuche. Und Jochum wählte die Perspektive, wie es auch Berufsfotografen tun. „Das hängt natürlich auch immer von den Lichtverhältnissen ab", weiß er aus Erfahrung. Die besten Bilder habe er vormittags gemacht, wenn das Licht von Osten kommend das Brückengerüst optimal ausleuchtete. Schließlich kam der Fotograf mit dem leitenden Ingenieur auf der Baustelle ins Gespräch. „Er hat sich sehr dafür interessiert, was ich mache, und hat mir Stellen gezeigt, zu denen andere Zaungäste keinen Zutritt gehabt hätten."
Er erzählt noch heute mit Begeisterung davon, wie seinerzeit die Fundamente für die zwölf paarweise angeordneten Brückenpfeiler im Boden verankert wurden. Wie die 190 Meter lange Brücke, die sich in neun Metern Höhe s-förmig durch die Landschaft schlängelt, Meter um Meter Gestalt annahm, und wie sich schließlich der Beton aus zwei roten Pumpen in Form monströser Insektenrüssel in die Verschalung ergoss. „Das war schon ein imposanter Anblick", gerät der Senior heute noch ins Schwärmen. Die Auswahl der besten Motive war jedoch nur ein Teil seiner Arbeit. Einwickelt und vergrößert hat er seine Bilder selbst, in der heimischen Dunkelkammer im Keller. Gut zwei Jahre Arbeit, von Februar 2004 bis Dezember 2006, stecken in der Dokumentation.
Die ALMABRÜCKE:
Die ersten Pläne für das Bauwerk reichen bis ins Jahr 1965 zurück. 2004 begannen die Bauarbeiten, die aufgrund wetterbedingter und technischer Verzögerungen fast drei Jahre dauerten. Die im Dezember 2006 eröffnete Almabrücke schafft eine direkte Verbindung vom Konrad-Adenauer-Damm und von der Bundesstraße 56 nach Alfter und über die Umgehungsstraße K12n bis nach Bornheim. Bis zum Jahr 2010 sollen täglich 16 000 Fahrzeuge darüber rollen. Die Baukosten in Höhe von rund 14 Millionen Euro haben der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und die Deutsche Bahn getragen. Auch die Gemeinde Alfter war finanziell an dem Bauvorhaben beteiligt. Ihren Namen verdankt die Brücke, die vom zuständigen Landesbetrieb Straßenbau unter der Bezeichnung 52008/902 geführt wurde, der Frau des Besitzers der alten Ziegelei in Oedekoven – Grundstein für das heutige Gewerbegebiet.
Mit schwerem Gerät und handwerklichem Können entsteht die lang ersehnte Brücke an der Alfterer Gemeindegrenze.