ALFTER-WITTERSCHLICK. „Wenn wir nicht schnellstens handeln, will ich in 50 Jahren nicht mein Enkel sein.” Solche und ähnliche Aussagen zur Umwelt- und Klimaentwicklung haben Edeltrud Braun aufhorchen lassen. Als Lösung fand sie für sich die Erneuerbaren Energien. Jetzt hat sie das Dach des Sportlerheims am Witterschlicker Sportplatz gemietet und eine Photovoltaikanlage installieren lassen. Sie möchte damit auf die Möglichkeiten solcher Anlagen aufmerksam machen, die sich sogar nach ihren Erfahrungen ohne Eigenkapital errichten lassen.
„Diese Anlage ist komplett fremdfinanziert”, so Braun. Die Anlage in Witterschlick ist neun Kilowattpeak groß. Das bedeutet, die Module haben eine Spitzenleistung von neun Kilowatt bei idealen Bedingungen. Selbst bei Regen dreht sich der kleine Zähler an der Anlage. Die Anfang März in Betrieb genommenen Module hatten bis Anfang April schon 777 Kilowattstunden Strom erzeugt. Insgesamt kann man sagen, dass pro Kilowattpeak 800 bis 950 Kilowattstunden Strom im Jahr gewonnen werden.
Mit ihrer Anlage auf dem Sportlerheim könnte Braun nach eigener Aussage zwei Haushalte versorgen. Tatsächlich wird der in Witterschlick erzeugte Strom ins Netz des örtlichen Stromversorgers eingespeist. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz von 2000 garantiert ihr über 20 Jahre 46,75 Cent für jede Kilowattstunde, die sie abgibt. Die Witterschlickerin ist damit zugleich Unternehmerin,wenn auch die 35 000 Euro teure Anlage vorerst kostenneutral ist. Andere Anlagen beispielsweise auf ihrem heimischen Dach hat sie mit Eigenkapital finanziert. Durch Miete und Versicherungen kostet das Exemplar am Sportlerheim sie rund 600 Euro im Jahr. Sie geht daher davon aus, dass dieses erst in 15 bis 17 Jahren Gewinn bringen wird. Doch bei einer zu erwartenden Lebensdauer der Module von 30 bis 40 Jahren bleibt da immer noch etwas. Wichtiger ist Braun ohnehin der Umweltschutz. „Ich möchte allen Menschen, die eine geeignete Dachfläche auf ihrem Haus oder Haus ihrer Kinder oder Verwandten haben, Mut machen, eine Photovoltaik zu installieren. Auch wenn sie kein Geld haben.”
Die Zustimmung der Gemeinde Alfter als Eigentümerin des Sportlerheims bekam Braun schnell. „Wir unterstützen dieses Projekt gern”, so Alfters Bürgermeisterin Bärbel Steinkemper. Es sei schade, dass Alfter verhältnismäßig wenig geeignete, also am besten nach Süden ausgerichtete Dachflächen bei gemeindeeigenen Häusern besitze.
Und auch die Sportler vom Turnerbund 1906 Witterschlick begrüßen die Idee. „Wir waren davon sehr angetan”, so ihr erster Vorsitzender Helmut Fuhs. Schließlich hatte Braun das Projekt vor dem Start in einer Vorstandssitzung vorgestellt. Und da weder die Module auf dem Dach noch die Wechselrichter im Schiedsrichterzimmer den Spiel-betrieb stören, gab es keine Einwände.
Selbst die Installation brachte keine Schwierigkeiten. In nur drei Tagen war alles vorbei, in der Zwischenzeit konnte jederzeit auf dem Platz gespielt werden.
Stichwort: Photovoltaik
Bei der photovoltaischen Nutzung von Sonnenenergie wird die Strahlung der Sonne in Solarmodulen in elektrische Energie umgewandelt. Solarzellen erzeugen dabei aus Tageslicht Gleichstrom, der von einem Wechselrichter in Wechselstrom umgewandelt und ins öffentliche Stromnetz eingespeist wird. Der Betreiber der Anlage erhält dafür von den Netzbetreibern eine im Erneuerbare-Energien-Gesetz festgelegte Vergütung, die über den Strompreis durch die Stromkunden finanziert wird. Seinen eigenen Stromverbrauch deckt der Erzeuger allerdings weiterhin überdas öffentliche Netz.
Überall in Deutschland reicht nach Expertenmeinung die Strahlungsintensität aus, um eine Photovoltaikanlage zu betreiben. Ideal sind nach Süden gerichtete Flächen mit einer Neigung von 30 Grad. Während abweichende Ausrichtungen oder Neigungen zwischen 25 und 60 Grad den Ertrag nur wenig mindern, können Verschattungen durch Bäume oder Nachbarhäuser den Stromgewinn deutlich mindern.
Die physikalische Grundlage aller Photovoltaikanlagen ist der photoelektrische Effekt, den der französische Physiker Alexandre Edmund Becquerel 1839 entdeckt und Albert Einstein 1905 erklärte. 1954 gelang es Daryl Chapin, Calvin Fuller und Gerald Pearson, die ersten Siliziumzellen, mit Wirkungsgraden von über vier Prozent, zu produzieren. Eine Anwendung fand die Photovoltaik allerdings zunächst nur in der Raumfahrt.