Uwe Tarnow, SPD-Gemeinderatsmitglied, hätte gerne den ersten Spatenstich für die Alfterer Gesamtschule noch in diesem Jahr gesehen. Symbolisch überreichte er deshalb bei der letzten Schulausschusssitzung der sichtlich überraschten Bürgermeisterin Dr. Bärbel Steinkemper einen Spaten und eine Kelle. Er zeigte sich enttäuscht, dass sich Alfters Gemeindechefin zu wenig für die vom Rat im Dezember 2007 einstimmig beschlossene Gesamtschule in Alfter einsetze. "Es heißt," so Tarnow, "die Bürgermeisterin sei Befürworterin der Gesamtschule (GS). Davon ist jedoch nichts zu sehen." Er hätte sich gewünscht, dass Frau Steinkemper sich an die Spitze der Bewegung zur Errichtung der GS in Alfter stelle.
Die Bürgermeisterin wies die Vorwürfe heftig zurück und verwies auf lange Verfahrenswege und auf die Wichtigkeit des Vorhabens. Sie stelle sich nicht an die Spitze einer Bewegung, so Steinkemper weiter; dies entspräche nicht ihrer Art.
Auf Tarnows Vorwurf, sie zeige zu wenig Engagement in Bezug auf die Gespräche mit den Vertretern der Nachbarkommunen, die sie öfter bei Kultur- und Wirtschaftsveranstaltungen treffe, entgegnete Steinkemper, dieses Thema sei ihr zu wichtig, um es mal eben so am Rande einer Veranstaltung zu diskutieren, und verwies auf Gesprächstermine, die bereits abgemacht seien.
Der emotionalen Diskussion vorausgegangen waren die Darlegungen von Dr. Paul G. Jansen, Gutachter in Sachen Stadt- und Regionalplanung. Jansen hatte für ein Entgelt von rund 26.000 Euro den Auftrag, den Bedarf für eine mögliche GS für Alfter zu ermitteln. Im Schulausschuss wurden nun erste Ergebnisse vorgelegt. Die endgültige Studie, unter anderem erweitert um die Stellungnahmen der Nachbarkommunen, soll voraussichtlich Mitte April vorliegen.
Jansen kommt – schon aufgrund der sich hinziehenden Verfahrenswege – zu dem Schluss, in diesem Jahr sei eine Gesamtschule in Alfter nicht zu realisieren. Wenn überhaupt, darin bestehe Konsens mit der Bürgermeisterin, spräche man über eine eventuelle Errichtung für das Schuljahr 2009/2010.
Dies ging auch hervor aus einem neulich von Vertretern der Kommune geführten Gespräch mit Günter Winands, Staatssekretär im NRW-Schulministerium. Für das kommende Schuljahr erteilte er Alfter eine definitive Absage. Winands stehe einer Gesamtschule jedoch nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber: Letztendlich müsse die Bezirksregierung Köln aufgrund der endgültigen Daten zu einer Entscheidung kommen; dann sähe man weiter.
Jansen wiederum betonte, die Grundtendenz der von CDU/FDP geführten Landesregierung böte wenig Anlass zu Optimismus: Diese setze nach wie vor auf das herkömmliche dreigliedrige Schulsystem. Seit dem Regierungswechsel seien in NRW gerade einmal drei Gesamtschulen errichtet worden, eine private und zwei kirchliche.
Der quantitative Bedarf für eine Gesamtschule vor Ort sei gegeben, so Jansen. Dies belegten nicht nur die Anmeldungen aus Alfter, sondern auch die hohen Ablehnungszahlen an den Gesamtschulen aus dem Umland (Bonn, Rhein-Sieg-Kreis linksrheinisch). Die Quote läge derzeit etwa bei 600 Ablehnungen; dies bedeute ausreichend Einpendler. Knackpunkt sei jedoch die Qualität: Für die Errichtung einer Gesamtschule müssten mindestens ein Drittel Schüler angemeldet werden, die eine gymnasiale Empfehlung hätten, also etwa 33 Prozent. Bislang könne man lediglich von 13 Prozent ausgehen. In Köln wurde unlängst deswegen die Errichtung einer weiteren Gesamtschule ebenso abgelehnt wie in Bonn.
Als unzureichend stuft Jansen auch die Räumlichkeiten der Oedekovener Hauptschule ein. Es fehlten sowohl Klassen- als auch installationsintensive Räume (z. B. für Computeranschlüsse, Physik- und Chemieunterricht).
Auch der geschätzte finanzielle Rahmen für die Anfangsinvestitionen – Jansen beziffert diese auf rund 5,5 bis 8 Millionen Euro – könnten für die Kommune problematisch werden.
Das Fazit des Stadtplaners:
Nun muss die Verwaltung Gespräche mit den Umlandkommunen führen und die Daten in einen abschließenden Schulentwicklungsplan einfließen lassen. Anschließend ist ein fundierter Antrag an die Bezirksregierung zu stellen. Jansen ist optimistisch, dass die Bezirksregierung für das Schuljahr 2009/10 eine frühzeitige Entscheidung fällt, damit die Eltern Planungssicherheit bekommen.
Die Diskussion unter den Alfterer Bürgern und Politikern wird sicherlich auch weiterhin sehr emotional geführt werden. Die SPD Alfter jedenfalls ist sehr enttäuscht: Ob und wann der erste Spatenstich gesetzt wird, kann derzeit niemand voraussagen.