Dialog unter Freunden

Deshalb stand Grass u. a. 1971 und 1974 bereits als Redner vor der SPD-Bundestagsfraktion und hat seine Sichtweise auf die politische Lage und das Handeln der im Bundestag vertretenen Sozialdemokraten kund getan. Darauf und zu seiner Beziehung zur Sozialdemokratien nahm er in seiner aktuellen Rede immer wieder Bezug und präsentierte den Abgeordneten "fünf Merkzettel".
Grass hat der Fraktion durch seinen "ersten Merkzettel" Mut gemacht, aktuelle sozialdemokratische Projekte und Visionen offensiver zu vertreten und zwar vor allem auch vor ihrem jeweiligen geschichtlichen Hintergrund. Als Beispiel nannte er die Gesamtschule als Ganztagsschule, die seit Mitte der sechziger Jahre das sozialdemokratische Schulmodell für eine sozial gerechte Bildungspolitik sei.
Seitdem werde sie von der Union blockiert und ideologisch bekämpft. Jetzt bemühe sie sich, vor dem Hintergrund "sozial spaltender Auswirkungen der bundesweiten Schulmisere" und dem wachsenden Wunsch der Eltern nach Gesamtschulen, auf den fahrenden Zug aufzuspringen.
Grass forderte die Abgeordneten auf, hier weniger bescheiden zu sein und nannte ein Bildungssystem das „von Kindertagesstätten zur Gesamtschule führt", den richtigen, sozial gerechten Weg, damit Schüler als "mündige Bürger gesellschaftsfähig werden".
In seinem "zweiten Merkzettel" wies Grass darauf hin, dass es eine wichtige Aufgabe für die SPD-Abgeordneten sei, die sich mehr und mehr ausbreitenden Lobbyisten in ihre Schranken zu weisen.
Außerdem forderte er die Abgeordneten mit einem "dritten Merkzettel" dazu auf, bestehende sozialdemokratische Konzepte, die nach wie vor einen hohen Aktualitätswert haben, wieder verstärkt auf die politische Tagesordnung zu setzen und sie nicht aus den Augen zu verlieren.
Beispielhaft hierfür nannte er die damalige Forderung Willy Brandts nach einer "neuen Weltwirtschaftsordnung" und den Nord-Süd-Bericht als weiterhin richtige Wege aus den aktuellen, internationalen Krisen wie z. B. dem Terrorismus.
"Bereitet der Not der Kinder in unserem so reichen und doch kinderarmen Land ein Ende" war die Überschrift für Grass‘ "vierten Merkzettel" an die Fraktion.
Dieser würde sich allein aus der Tradition der Sozialdemokraten ableiten, die zu Bebels Zeiten gegen die Kinderarbeit in Bergwerken und Fabriken gekämpft hätten. Er verwies darauf. dass auch bei der Bekämpfung von Kinderarmut die Ganztagsbetreuung eine wichtige Rolle spielt. "Blindlings geplante Erhöhungen finanzieller Zuwendungen" würden keine Abhilfe schaffen.
Der "fünfte Merkzettel" von Grass war einer in eigener Sache.
Er machte den Abgeordneten deutlich, dass Schriftsteller und Künstler aller Bereiche. auf Grund der technischen Entwicklung im Bereich der neuen Medien, als Urheber eines gesetzlich erweiterten Schutzes bedürfen.
Die Abgeordneten bezogen während und im Anschluss an die Rede konstruktiv Stellung zu den an sie gerichteten Merkzetteln.